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      1.6.2005
      
       
      
        
        "Kritik der Wertphilosophie als Ideologie I "
        
        (Lotze) 
        
         Abstrakt 
        
      
      (Hauptthema des Erinnyen Nr. 16) 
      Die  Hochkonjunktur des philosophischen Wert-Begriffs täuscht über seine  Widersprüchlichkeit hinweg. Er dient dazu, Schulfächer zu gründen und  imperialistische Kriege zu legitimieren. Eine gründliche Kritik dieses  Terminus muss auf seine Genesis zurückgehen und die Wertphilosophie  Hermann Lotzes reflektieren, um „moralische Werte“ als Ideologie,  verstanden als notwendig falsches Bewusstsein zur Herrschaftssicherung,  kritisieren zu können.  
          Lotze  reagiert mit seiner Wertphilosophie auf den Zusammenbruch des deutschen  Idealismus, der zugleich ein Scheitern der bürgerlichen Hoffnungen  signalisiert. Er arbeitet mit an der „Zerstörung der Vernunft“  (Lukács), die im 20. Jahrhundert der Nazi-Ideologie vorbereitet. Seine  eklektische Ontologie, sein teleologischer Idealismus und seine  dogmatische Theologie gründen in seinen geistigen Bedürfnissen, können  deshalb keine Objektivität beanspruchen und vergessen die Standards des  Philosophierens, die in der klassischen Philosophie von Kant bis Hegel  erreicht waren. 
             Wie  jede Apologie zerstört sie mehr ihren theoretischen Gegenstand, als  dass sie ihn vor der Kritik absichert. Das zeigt sich bei Nietzsche,  der den moralischen Wertbegriff Lotzes übernimmt und populär macht,  indem er zugleich zu einer „Umwertung aller Werte“ schreitet, die dann  direkt vom Faschismus adaptiert werden konnten. Werte sind nicht  rational begründbar, wer sie geltend machen will, muss Gewalt anwenden.  Das ständig zunehmende Wertegequatsche von Lotze bis heute zeigt, dass  dieser Terminus ein Konstituenz der ideologischen Manipulation geworden  ist. 
      Zu den Erinnyen Nr. 16 
        
      
      
        
        Die Verschleppung eines Deutschen durch die CIA und die „große Kooperationsbereitschaft“ der deutschen Regierung
        
      
       Etwas  ist faul im Staate Deutschland. Galt früher für einzelne Politiker die  Losung: Man kann das Grundgesetz nicht ständig in der Jackentasche mit  sich herumtragen, so werden heute Verfassungsartikel, die einen stören,  wie der Schutz der Menschenwürde, Folterverbot, Auslieferungsverbot und  Garantien eines rechtsstaatlichen Verfahrens einfach auf den Müll  entsorgt. Recht wird durch Rhetorik ersetzt, Verantwortung durch  autoritäres Gehabe weggewalzt, Verbrechen durch Kungelei mit dem  Hegemon gedeckt. 
       In ihrer Rezension über „Das Ende des Rechtsstaats“ haben die „Erinnyen“ die Befürchtungen von Jean-Claude Paye  vorgestellt: die Terrorismusgefahr, die durch imperiale Politik selbst  erzeugt wird, dient zum Anlass den Rechtsstaat abzuschaffen und einen  Ausnahmezustand zu etablieren, in dem die Menschen und Bürgerrechte  nicht mehr gelten. Man braucht nur Zeitungslesen und die Wirklichkeit  holt die Befürchtungen ein. Zur Illustration der Thesen des Buches von  Paye hatte der Rezensent ein konkretes Beispiel erfunden. Es vergeht  noch nicht mal ein Monat und die Fiktion wird zur Wirklichkeit: Der  Mann heißt Khalad al-Masri. Er hat einen deutschen Pass und wollte  einen Kurzurlaub in Makedonien machen. Nach der Grenze wird er aus dem  Bus geholt und in einem geheimen Gefängnis verhört und gefoltert. Nach  ein paar Wochen wird er der CIA übergeben, zusammengeschlagen und  betäubt nach Afghanistan gebracht, wo er ebenfalls gefoltert wird. Nach  fünf Monaten vergeblicher Verhöre wird er in  Albanien ausgesetzt, so dass er nach Deutschland zurückkehren kann. Man  hatte sich im Namen geirrt, er hieß so „ähnlich“ wie ein gesuchter  Terrorist! 
       Kurz  vor seiner Freilassung wird der damalige deutsche Innenminister in  einem vertraulichen Gespräch von dem amerikanischen Botschafter  unterrichtet. Schily schweigt bis heute, er unternimmt nichts.  Inzwischen ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft wegen Entführung,  Körperverletzung usw. Auch die bürgerlichen Medien, die erst jetzt ein  großes ‚Geschrei machen, nachdem die „Washington Post“ darüber  berichtete, haben nichts darüber geschrieben, obwohl Amnesty  International schon lange auf den Fall aufmerksam gemacht hat. (Leider  habe ich auch nichts in „Indymedia“ darüber gelesen.) Erst jetzt wird  das Thema zum Skandal hochgepuscht, weil ein Prominenter darin  verwickelt ist und man der alten Regierung noch einen Fußtritt  hinterher geben möchte. 
       Die  US-Außenministerin Condoleezza Rice bestritt, „dass die USA Folter  zuließen“ (Zeit.de, 49/2005, v. 5.12.05). Das scheint auf den ersten  Blick eine freche Lüge der Großmachtpolitikerin zu sein. Doch dahinter  steckt eine Äquivokation im Begriff Folter. Die USA erkennen die  Definition von Folter der Vereinten Nationen nicht an (siehe dazu  unseren Artikel über Folter),  sondern basteln sich einen eigenen Begriff von Folter zurecht. Danach  ist Folter, wenn man einen wehrlos gemachten Menschen die Glieder  zerquetscht, ihn mit glühenden Eisen traktiert oder ihn die Haut  abzieht. Und mit diesen Methoden ist al-Masri tatsächlich nicht  gefoltert worden. Er hatte keine äußerlich sichtbaren Wunden, als er  gestern im Fernsehen auftrat. Wenn man dagegen einen Gefangenen den  Schlaf entzieht, ihn den Kopf unter Wasser drückt, so dass er  Todesangst bekommt, ihn in schmerzhaften Körperstellungen fixiert, ihn  unterkühlt oder mit überlauter Musik mürbe macht, dann ist das für  die US-Administration keine Folter, sondern eine „gesetzmäßige Waffe“,  um Terroristen zu besiegen. Wie in Orwells 1984 heißt also bei der  US-Politikerin Rice in Neusprech, „dass die USA Folter nicht zulassen“,  dass sie im Klartext Menschen foltern. 
       Noch  perfider ist die Aussage von Rice, die Terroristen fallen nicht unter  das Recht, weil sie dieses nicht anerkennen würden. Jeder gewöhnliche  Kriminelle erkennt das Recht nicht an: Nach ihrer These wäre er also  vogelfrei. Recht ist anscheinend nur für den braven Staatsbürger da,  der es nicht bricht – eine irre Verdrehung. Tatsächlich dient das Recht  der Sicherung des Privateigentum und seiner Geschäftsbedingungen, es  ist also gegen die erlassen, die sich irregulär bereichern wollen. Nach  Rice dagegen ist es nur ein wirkungsloses Ideal. Das ist anscheinend  die Meinung der Bush-Administration, die sich dadurch selbst als  kriminelle Vereinigung outet. Der praktische Beleg für diese  Qualifizierung ist der Krieg gegen den Irak zum Zwecke des  Öldiebstahls. Nur wenn man die eigene und internationalen  Rechtsgrundsätze als wirkungsloses Ideal ansieht, so wie die  Extremisten aller Seiten, wird dieser Raubkrieg legitimierbar, ebenso  die Folter ihrer gewaltbereiten Gegner und von Unschuldigen, die  zufällig wie ein Terrorist  heißen. (Laut Spiegel bzw. Washington Post fanden über Deutschland 437  geheime Flüge statt, ca. 3000 Gefangene wurden in Folterzentren  verschleppt, wovon ca. 27 erwiesener Maßen unschuldig waren und dennoch  gefoltert wurden.) 
       Dass  deutsche Politiker wie Schily sich mit seiner „großen  Kooperationsbereitschaft“ an den kriminellen Machenschaften der  US-Administration beteiligt haben, obwohl in der Propaganda  solche  Praktiken und der Irakkrieg abgelehnt wurden, lässt nichts gutes für  dieses Land ahnen. Die neue Regierung übernimmt die Schily-Richtung des  alten Kabinetts und macht bisher einen auf Vertuschung und Nichtwissen.  Selbst die Opposition hängt sich nur lustlos an den plötzlichen  Medienrummel. So spricht Ströbele von „folternahen Praktiken“, obwohl  er als Jurist doch die genaue Definition von Folter kennen müsste. Die  Leute werden gefoltert, der „Krieg der Werte“ wird geführt, indem man  seine eigenen „Werte“ abschafft. Die gleichen Politiker, die mit ihren  Antiterrorgesetzen, z.B. mit den Auslieferungsabkommen eigener  Staatsbürger an die USA, den Rechtsstaat untergraben haben, schreien  jetzt nach einen Untersuchungsausschuss, weil die USA nicht den  deutschen Amtsweg eingehalten  haben. 
       Andererseits  rufen die Extremisten aller Couleur, wenn sie überhaupt diesen  Kommentar lesen: Das haben wir doch schon immer gesagt, Recht ist nur  ein Alibi für die Kapitalinteressen. Dem steht aber entgegen, dass das  Kapital selbst einen Rechtszustand benötigt, um gedeihen zu können.  Unter chaotischen Rechtsverhältnissen wie etwa in Somalia kann man  vielleicht hier und da einen Extraprofit realisieren, aber auf Dauer  keine Kapitalakkumulation zustande bringen. Das hat anscheinend der  US-Senator John McCain von der Republikanischen Partei erkannt und ein  Antifoltergesetz in den Kongress eingebracht, das auch „grausame,  unmenschliche und erniedrigende Behandlung von Gefangenen“  (FAZ.de,  vom 5.12.05) unzweideutig verbietet. Dagegen will der Präsident Bush  evtl. sein Veto einsetzten. Die FAZ schreibt dazu: „Bush würde als  jener amerikanische Präsident in die Geschichte eingehen, der gegen ein  umfassendes Folterverbot sein Veto einlegt und zugleich beteuert, die  Vereinigten  Staaten folterten nicht.“ 
       Wer  sich letztlich durchsetzt, die Bush-Administration dort und die FAZ  hier, die ebenfalls gegen „weiche Gesetzestreue“ argumentiert, oder der  Senator McCain dort und die Kritiker der Regierungsmauschelei mit  Folterbuben hier, das entscheidet im Konkurrenzkampf der  kapitalistischen Demokratie der Aufschrei in den Medien und mögliche  Proteste von unten, die ich allerdings nicht sehe. Anscheinend kann  sich keiner vorstellen, dass sein Name ebenfalls verwechselt wird. Aber  es ist heute wahrscheinlicher in die Mühlen der Terrorbekämpfung zu  geraten als von Terroristen attackiert zu werden. Wenn die Gefahr durch  die eigene Regierung größer ist als durch islamistische Terroristen und  Faschisten, dann muss man sich auf diese Gefahr einstellen und z.B. in  den Bürgerbewegungen und linken Gruppen mehr Wert auf konspirative  Methoden legen, eigene Daten vor dem Zugriff des Staates sichern und  jede Zusammenarbeit mit den Antiterrorkräften ablehnen.   
       Die  Wirklichkeit hat bekanntlich immer die Tendenz, sich zum Schlechten zu  wenden. Das aber sind allemal, wie die FAZ es formuliert, „die Werte  und Interessen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten zu  verteidigen“. Bei 20 % Profit wird das Kapital rege, bei 100 %  kriminell... (T.J.Dunning, 1860)  
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